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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 29.03.2005
Aktenzeichen: 17 WF 40/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 117 |
2. Ein in Form einer Kapitallebensversicherung angespartes Vermögen ist ungeachtet des eigenen Verlustes von Rentenanrechten durch den Versorgungsausgleich insbesondere dann vorrangig zur Tragung der Prozesskosten zu verwenden, wenn der Lebensversicherung keine der Riesterrente vergleichbare Bindung an den Versorgungszweck innewohnt, und dem Gesuchsteller eine Betriebsrente des Arbeitgebers zugesagt ist, die als weitere Säule der Altersvorsorge das Rentenniveau ergänzt.
3. Die Heranziehung der Lebensversicherung kann durch Inanspurchnahme eines Policendarlehens erfolgen, das durch Verrechnung mit der Erlebensfallleistung getilgt wird.
Oberlandesgericht Stuttgart 17. Zivilsenat - Familiensenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 17 WF 40/05
vom 29. März 2005
In der Familiensache
wegen Unterhalts
hier: Prozesskostenhilfe für den Beklagten
hat Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Strohal (17. Zivilsenat - Familiensenat - Oberlandesgericht Stuttgart) als Einzelrichter gemäß § 568 ZPO beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht R. wird der Beschluss des Amtsgerichts Rottweil - Familiengericht - vom 10.11.2004 (4 F 117/04) betreffend die Prozesskostenhilfebewilligung für den Beklagten abgeändert.
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Unterhaltsklage wird zurückgewiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat dem Beklagten zur Verteidigung gegen die Unterhaltsklage dessen geschiedener Ehefrau Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. Hiergegen wendet sich die Bezirksrevisorin beim Landgericht R..
Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist statthaft und zulässig (§ 127 Abs. 2 und 3 ZPO). Sie führt angesichts zutreffender Erwägungen der Beschwerdeführerin zur Aufhebung der familiengerichtlichen Entscheidung und Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags des Beklagten.
Prozesskostenhilfe ist nur dann zu gewähren, wenn vor Abschluss der Instanz ein Antrag gestellt ist, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen und an Hand des eingeführten amtlichen Vordrucks und weiterer, im Einzelfall erforderlicher Belege nachgewiesen sind (§§ 114, 117 ZPO).
Es ist vorliegend bereits fraglich, inwieweit die formalen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind. Zwar hat der Beklagte den amtlichen Vordruck vorgelegt, wesentliche Fragen des Abschnitts G 'Vermögen' (Bankkonten, Bausparkonten, Kraftfahrzeuge) aber unbeantwortet gelassen. Dies stellt eine wirksame Antragstellung in Frage (§ 117 II 1 ZPO).
Der Beklagte erfüllt aber auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht, weil er in Form eines Rückkaufswerts einer Lebensversicherung in Höhe von € 12.629 über Vermögen verfügt, aus dem er ohne weiteres die auf € 1.000 geschätzten Kosten des vorliegenden Rechtsstreits tragen kann. Auf die zutreffenden Erwägungen der Bezirksrevisorin über die Art des Vermögenseinsatzes in diesem Fall kann Bezug genommen werden.
Demgegenüber tragen die Erwägungen des Amtsgerichts die Entscheidung nicht.
Zutreffend ist zwar, dass das Rentenniveau sinkt und jedem Erwerbstätigen im Rahmen seiner Möglichkeiten angeraten wird, ergänzende private Vorsorge zu treffen, wozu der Beklagte angesichts des Verlusts von Rentenanrechten durch den Versorgungsausgleich auch Anlass hätte.
Diese Erwägungen können aber nicht zur Außerachtlassung der Lebensversicherung bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe führen. Zunächst handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung, über die der Beklagte auch vor dem Rentenalter verfügen kann. Es besteht keine der 'Riesterrente' vergleichbare Bindung an den Vorsorgezweck. Unbeachtet hat das Amtsgericht auch gelassen, dass dem Beklagten eine Betriebsrente seines Arbeitgebers zugesagt ist, die in den Versorgungsausgleich einbezogen und dynamisiert geringfügig zugunsten der Klägerin herangezogen worden ist, und die als 2. Säule zur Altersvorsorge das Rentenniveau ergänzt. Letztlich darf aber auch - worauf die Bezirksrevisorin zurecht hinweist - nicht übersehen werden, dass es sich bei der Prozesskostenhilfe um eine staatliche Leistung der Daseinsfürsorge handelt. Dem aktuellen Kostenbedarf kann der Beklagte nicht entgegentreten durch einen sich gegebenenfalls später realisierenden Vorsorgebedarf.
Soweit der Beklagte auf die Inanspruchnahme eines Policendarlehens verwiesen wird, bedarf es keiner Rückführung dieses Darlehens. Das Darlehen wird durch Verrechnung mit der Erlebensfallleistung der Police getilgt. Im übrigen wird der Beklagte, nachdem die Parteien den Geschiedenenunterhalt durch Vertrag auf den Fall des § 1570 BGB, ergänzt durch Teilansprüche aus § 1572 BGB, begrenzt haben (Abschnitt B 5. der Urkunde vom 11.12.2003 Notariat Dunningen), lange vor Erreichung der Altersgrenze insoweit lastenfrei und imstande sein, Sparleistungen zur Altersvorsorge anzugehen.
Andere Kredite, wie sie der Amtsrichter in seiner Vorlageverfügung vom 17.2.2005 diskutiert, ergeben sich weder nach der Aktenlage noch aus dem Prozesskostenhilfevordruck.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Ende der Entscheidung
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